Einmal sagte Papa zu mir: „Du bist doch kein echter Zitterbacke. Wir Zitterbackes sind so groß wie der da." Papa zeigte auf unseren Kleiderschrank. „Und du?" fragte er. „Du bist ja auch nicht so wie der Schrank, nicht einmal die Hälfte", sagte ich ärgerlich. Mama wollte es auch sagen, sagte aber kein einziges Wort, als sie Papas Falten auf der Stirn sah. Papa winkelte den Arm an. Unter dem Hemd erhob sich ein richtiger Berg, ein Muskelberg. „Fass mal an, prüf mal!" Ich drückte zuerst mit dem Zeigefinger, dann mit dem Daumen. Aber der Muskelberg war wie aus Eisen. „Na also", sagte Papa zufrieden, „aber du?" Ich sagte: „Probiere es doch erst mal bei mir!" und machte den Arm krumm. Papa griff mit seiner harten Hand bis auf den Knochen zu, und ich schrie auf. „Das ist nichts", sagte er.
Jetzt begann auch Mama zu reden. „Du sollst mehr essen, vor allem Butter und Haferbrei..." Haferbrei! Ich setzte eine sauere Miene auf, und sofort kam alles: mehr essen, mehr an die frische Luft, Mittagsschlaf. .. Gut, dachte ich abends in meinem Bett. Solche Muskeln sind nicht schlecht. Dann kann ich vielleicht Bruno eins anhauen, wenn er mich ärgert. Und Kohlen hole ich dann gleich vier Eimer, zwei in jeder Hand. Als ich am nächsten Tag von der Schule kam, wollte ich mir das Mittagessen warm machen. Mama stellt es immer auf den Herd, ich brauche nur das Gas anzuzünden. Oft habe ich es vergessen, aber heute dachte ich: „Damit ich ein echter Zitterbacke werde, esse ich heute den gan zen Topf leer." Ich nahm den Deckel ab und staunte. Der Topf war voll von Eiern. Die sollte ich alle essen? Das sollte bestimmt eine Probe sein, dachte ich, aber so ein Kleiderschrank-Zitterbacke isst auch die Eier. Ich kochte alle Eier und begann zu essen. Beim dritten Ei war ich schon satt, aber ich aß noch zwei. Es sah doch aus, als ob ich gar kein Ei gegessen hätte. Ich zählte die Eier. Übrig blieben noch fünfundfünfzig Eier. Nein, ich konnte nicht mehr essen. Aber wenn die Eier liegen bleiben, sagt Mama: „Du hast ja wieder nichts gegessen!" Da fiel mir ein Trick ein. Ich ging auf die Straße und sagte zu Bruno, Peter und Erwin: „Habt ihr Hunger?" „Nee, warum?" fragten sie. „Ich habe prima Eier, und die müssen weg." Aus Freundschaft kamen sie mit und aßen: Bruno vier Eier, Peter zwei, Erwin zweieinhalb und ich das halbe. Das waren aber nur neun, noch blieben sechsundvierzig Eier. Ein Ei hackte ich klein und streute es meinem Wellensittich Putzi. Der war aber auch kein großer Eieresser.
Nun hatte ich noch fünfundvierzig Eier. Da ging ich wieder auf die Straße und holte noch andere Kinder herauf. Die aßen insgesamt siebzehn Eier. Ein kleines Mädchen weinte sogar, weil ihr der Bauch weh tat. Mir tat es schon lange weh. Ich konnte deshalb nur auf dem Sofa liegen und Wasser trinken. Ich lag noch auf dem Sofa, als Mama vom Dienst nad Hause kam. Sie ging zuerst in die Küche und rief mir zu „Du hast ja wieder nichts gegessen, Alfi, nicht eine einzige Bratkartoffel. Was soll denn aus dir werden?" Wieso Bratkartoffeln? dachte ich ärgerlich, erst sechzig Eier - und dann noch Bratkartoffeln! Dann schrie Mama auf, und der Blechdeckel fiel zu Boden. „Was... ist... denn... das? Wo sind die Eier? Was hast du damit gemacht?" Ich wollte gleich ehrlich sein: „Ich habe sie mit meinen Freunden gegessen. Mehr konnte ich wirklich nicht.“ Mama stand in der Tür und sah mich zornig an. Sie zeigte mir ihren Zettel, der auf dem Küchentisch lag „Mach die Bratkartoffeln warm und schlag Dir ein Ei drauf." In meinem Bauch rumorten die Eier, und ich dachte: Ein einziges Ei hat sie mir nur zugeteilt. Was soll ich jetzt machen? Wenn ich mal richtig esse, ist es auch nicht richtig. Ich sah zu Putzi. Der hielt den Kopf schief und schaute auf das kleingehackte Ei in seinem Bauer. „Ja, ja", sagte ich, „wir beide haben's schwer..."
Дата: 2019-03-05, просмотров: 280.