Und Lottchen stand neben ihr und sagte: «Ja, wie ein Lamm zur Schlachtbank.»
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Ich hatte den ganzen Tag frei.

Ich muss schon in aller Frühe aufstehen.

Gleich! Gleich! Ich bin schon da.

Das kann man sich denken!

Endlich ist es aus.

Gib Acht, Ludwig, dass sie deine alte Mutter nicht beißen.

Gelt, Ludwig, das versprichst du mir, von heute ab wirst du ein anderer Mensch.

Ich will es mit Gott versuchen.

Meine erste Liebe (Моя первая любовь)

 

1     An den Sonntagen durfte ich immer zu Herrn von Rupp kommen und bei ihm Mittag essen. Er war ein alter Jagdfreund von meinem Papa (друг по охоте: die Jagd) und hatte schon viele Hirsche bei uns geschossen (подстрелил много оленей: der Hirsch; schießen – стрелять). Es war sehr schön bei ihm. Er behandelte mich beinahe wie einen Herrn (обращался со мной почти как с господином = со взрослым), und wenn das Essen vorbei war, gab er mir immer eine Zigarre und sagte: «Du kannst es schon vertragen (ты уж можешь это снести, перенести = ничего с тобой не случится). Dein Vater hat auch geraucht wie eine Lokomotive.» Da war ich sehr stolz (горд).

2     Die Frau von Rupp war eine furchtbar noble Dame (благородная /здесь: с претензией, претенциозная/: nobel), und wenn sie redete, machte sie einen spitzigen Mund («делала острый рот» = скалывала губы трубочкой, выпячивала губы), damit es Hochdeutsch wurde («чтобы это стало по-верхненемецки» = чтобы говорить на литературном языке, а не на баварском диалекте /т.е. силилась говорить литературно/). Sie ermahnte mich immer (давала наставления, предостерегала, взывала), dass ich nicht Nägel beißen soll (чтобы я не кусал ногти: der Nagel) und eine gute Aussprache habe (и следил за хорошим произношением, выговором). Dann war noch eine Tochter da (потом там еще была дочка). Die war sehr schön und roch so gut (пахла: riechen). Sie gab nicht Acht auf mich, weil ich erst vierzehn Jahre alt war, und redete immer von Tanzen und Konzert und einem gottvollen Sänger (о чудесном, божественном певце). Dazwischen (между тем, кроме того) erzählte sie, was in der Kriegsschule passiert war (что случилось в военном училище; der Krieg – война). Das hatte sie von den Fähnrichen gehört (о курсантах; der Fähnrich – прапорщик; курсант), die immer zu Besuch kamen und mit den Säbeln über die Stiege rasselten (и звенели саблями по лестнице: der Säbel).

3     Ich dachte oft, wenn ich nur auch schon ein Offizier wäre (вот бы мне тоже быть уже офицером), weil ich ihr dann vielleicht gefallen hätte, aber so behandelte sie mich wie einen dummen Buben und lachte immer dreckig (отвратительно: «грязно»; der Dreck – грязь), wenn ich eine Zigarre von ihrem Papa rauchte.

4     Das ärgerte mich oft, und ich unterdrückte meine Liebe zu ihr (старался подавить мою любовь к ней; drücken – жать; unterdrücken – подавлять) und dachte, wenn ich größer bin und als Offizier nach einem Kriege heimkomme, würde sie vielleicht froh sein. Aber dann möchte ich nicht mehr. Sonst war es aber sehr nett bei Herrn von Rupp (в остальном же было очень мило), und ich freute mich furchtbar auf jeden Sonntag und auf das Essen und auf die Zigarre.

5     Der Herr von Rupp kannte auch unsern Rektor und sprach öfter mit ihm, dass er mich gern in seiner Familie habe und dass ich schon noch ein ordentlicher Jägersmann werde (хорошим: «порядочным, приличным» охотником; die Ordnung – порядок), wie mein Vater. Der Rektor muss mich aber nicht gelobt haben (должно быть, меня не хвалил), denn Herr von Rupp sagte öfter zu mir: «Weiß der Teufel, was du treibst (чем ты занимаешься, что ты /там/ творишь). Du musst ein verdammter Holzfuchs sein (ужасный: «проклятый» проказник; das Holz – древесина; der Fuchs – лиса), dass deine Professoren so auf dich loshacken (так на тебя набрасываются, так тебя клюют; hacken – рубить; клевать, долбить клювом). Mach es nur nicht zu arg (но не перебарщивай только: «не делай слишком сильно»; arg – скверно; сильно).» Da ist auf einmal etwas passiert (тут неожиданно кое-что произошло).

6     Das war so. Immer wenn ich um acht Uhr früh in die Klasse ging, kam die Tochter von unserem Hausmeister (управдома), weil sie in das Institut musste.

7     Sie war sehr hübsch und hatte zwei große Zöpfe (косы: der Zopf) mit roten Bändern daran (с красными лентами на них: das Band) und schon einen Busen (грудь). Mein Freund Raithel sagte auch immer, dass sie gute Potenzen habe (хорошие возможности, большой потенциал) und ein feiner Backfisch sei (чудная девчонка; der Backfisch – жареная /в панировке/ рыба; девочка-подросток, молодая девушка /14-17 лет/; backen – печь, выпекать).

8     Zuerst traute ich mich nicht (не осмеливался), sie zu grüßen; aber einmal traute ich mich doch, und sie wurde ganz rot. Ich merkte auch (заметил), dass sie auf mich wartete, wenn ich später daran war (если я запаздывал: «позже был при этом»). Sie blieb vor dem Hause stehen und schaute in den Buchbinderladen hinein (в лавку, в витрину лавки переплетчика), bis ich kam. Dann lachte sie freundlich, und ich nahm mir vor, sie anzureden.

9     Ich brachte es aber nicht fertig vor lauter Herzklopfen (но мне не удалось это совершить из-за сильного: «сплошного» сердцебиения: das Herz – сердце + klopfen – стучать); einmal bin ich ganz nahe an sie hingegangen, aber wie ich dort war, räusperte ich mich bloß und grüßte. Ich war ganz heiser geworden (совсем охрип) und konnte nicht reden.

10  Der Raithel lachte mich aus (высмеял) und sagte, es sei doch gar nichts dabei (это проще простого: «вовсе ничего при этом нет»), mit einem Backfisch anzubinden (завязать интрижку). Er könnte jeden Tag drei ansprechen, wenn er möchte, aber sie seien ihm alle zu dumm.

11  Ich dachte viel darüber nach, und wenn ich von ihr weg war, meinte ich auch, es sei ganz leicht. Sie war doch bloß die Tochter von einem Hausmeister, und ich war schon in der fünften Lateinklasse. Aber wenn ich sie sah, war es ganz merkwürdig (странно = мне становилось не по себе) und ging nicht (не получалось). Da kam ich auf eine gute Idee. Ich schrieb einen Brief an sie, dass ich sie liebe, aber dass ich fürchte (опасаюсь), sie wäre beleidigt (что она почувствует себя оскорбленной), wenn ich sie anspreche und es ihr gestehe (признаюсь). Und sie sollte ihr Sacktuch in der Hand tragen und an den Mund führen, wenn es ihr recht wäre (если это ей подходит, если она это принимает).

12  Den Brief steckte ich in meinen Caesar, De bello gallico (сунул в моего Цезаря, в «Записки о галльской войне»), und ich wollte ihn hergeben, wenn ich sie in der Frühe wiedersah.

13  Aber das war noch schwerer.

14  Am ersten Tag probierte ich es gar nicht; dann am nächsten Tag hatte ich den Brief schon in der Hand, aber wie sie kam, steckte ich ihn schnell in die Tasche.

15  Raithel sagte zu mir, ich solle ihn einfach hergeben und fragen, ob sie ihn verloren habe. Das nahm ich mir fest vor, aber am nächsten Tag war ihre Freundin dabei, und da ging es wieder nicht.

16  Ich war ganz unglücklich und steckte den Brief wieder in meinen Caesar.

17  Zur Strafe (в наказание), weil ich so furchtsam war (такой боязливый), gab ich mir das Ehrenwort (честное слово; die Ehre – честь), dass ich sie jetzt anreden und ihr alles sagen und noch dazu den Brief geben wolle.

18  Raithel sagte, ich müsse jetzt, weil ich sonst ein Schuft wäre (потому что иначе я буду: «был бы» трусливым негодяем). Ich sah es ein (я признал, осознал это) und war fest entschlossen (и твердо решился; fest – крепкий; entschlossen – решившийся; sich entschließen – решиться).

19  Auf einmal wurde ich aufgerufen (был вызван) und sollte weiterfahren (и должен был продолжать /переводить/). Weil ich aber an die Marie gedacht hatte, wusste ich nicht einmal das Kapitel (я даже не знал главу), wo wir standen, und da kriegte ich einen brennroten Kopf (и тут я покраснел до корней волос; brennen – гореть). Dem Professor fiel das auf (бросилось в глаза: auffallen), da er immer Verdacht gegen mich hatte (поскольку у него всегда было против меня подозрение), und er ging auf mich zu (подошел ко мне: auf jemanden zugehen – подойти к кому-либо).

20  Ich blätterte hastig herum (торопливо листал, перелистывал) und gab meinem Nachbar einen Tritt (пнул соседа). «Wo stehen wir? Herrgottsakrament!» Der dumme Kerl flüsterte so leis (шептал так тихо), dass ich es nicht verstehen konnte, und der Professor war schon an meinem Platz. Da fiel auf einmal der Brief aus meinem Caesar und lag am Boden (на полу: der Boden, der Fußboden).

21  Er war auf Rosenpapier geschrieben und mit einem wohlriechenden Pulver bestreut (и посыпано ароматной пудрой; streuen – сыпать, посыпать).

22  Ich wollte schnell mit dem Fuße darauf treten (наступить на него), aber es ging nicht mehr. Der Professor bückte sich und hob ihn auf (наклонился и поднял его: aufheben).

23  Zuerst sah er mich an und ließ seine Augen so weit heraushängen (так вытаращил глаза: «дал им так далеко свеситься наружу»), dass man sie mit einer Schere hätte abschneiden können (что их можно было бы срезать ножницами). Dann sah er den Brief an und roch daran (понюхал его: riechen), und dann nahm er ihn langsam heraus (медленно вынул). Dabei schaute er mich immer durchbohrender an (все более сверляще; bohren – сверлить; durchbohren – просверливать), und man merkte, wie es ihn freute, dass er etwas erwischt hatte (что он что-то поймал, засек).

24  Er las zuerst laut vor der ganzen Klasse.

25  «Inniggeliebtes Fräulein (сердечно, глубоко любимая барышня; innig – сердечный, задушевный, глубокий; искренне)! Schon oft wollte ich mich Ihnen nahen (приблизиться), aber ich traute mich nicht, weil ich dachte, es könnte Sie beleidigen.»

26  Dann kam er an die Stelle vom Sacktuch, und da murmelte er bloß mehr (только бормотал), dass es die andern nicht hören konnten (чтобы остальные не смогли расслышать).

27  Und dann nickte er mit dem Kopfe auf und ab (вверх и вниз), und dann sagte er ganz langsam: «Unglücklicher, gehe nach Hause. Du wirst das Weitere hören (дальнейшее услышишь).»

28  Ich war so zornig, dass ich meine Bücher an die Wand schmeißen wollte, weil ich ein solcher Esel war (такой осел). Aber ich dachte, dass mir doch nichts geschehen könnte (что со мной все же ничего не может случиться). Es stand nichts Schlechtes in dem Brief (не было написано ничего плохого); bloß dass ich verliebt war (только лишь что я влюблен). Das geht doch den Professor nichts an (вовсе не касается).

29  Aber es kam ganz dick (но взбучка была большая, мало не показалось; dick – толстый).

30  Am nächsten Tag musste ich gleich zum Rektor. Der hatte sein großes Buch dabei, wo er alles hineinstenographierte, was ich sagte. Zuerst fragte er mich, an wen der Brief sei (кому адресовано). Ich sagte, er sei an gar niemand. Ich hätte es bloß so geschrieben aus Spaß (что я это просто так написал, для развлечения; der Spaß – удовольствие; развлечение). Da sagte er, das sei eine infame Lüge (подлая ложь: infám – «бесславный» /лат./), und ich wäre nicht bloß schlecht, sondern auch feig (труслив).

31  Da wurde ich zornig und sagte, dass in dem Briefe gar nichts Gemeines darin sei (ничего подлого в нем не написано), und es wäre ein braves Mädchen. Da lachte er, dass man seine zwei gelben Stockzähne sah (два желтых коренных зуба: der Stockzahn), weil ich mich verraten hatte (выдал себя: verraten – предавать, выдавать). Und er fragte immer nach dem Namen. Jetzt war mir alles gleich (все равно), und ich sagte, dass kein anständiger Mann den Namen verrät, und ich täte es niemals (никогда бы этого не сделал, не сделаю). Da schaute er mich recht falsch an (нехорошим, злым взглядом) und schlug sein Buch zu (закрыл: das Buch zuschlagen – закрыть книгу). Dann sagte er: «Du bist eine verdorbene Pflanze (испорченное растение; verderben – портить) in unserem Garten. Wir werden dich ausreißen (вырвем; reißen – рвать). Dein Lügen hilft dir gar nichts; ich weiß recht wohl, an wen der Brief ist. Hinaus (вон отсюда: «туда-наружу»)!»

32  Ich musste in die Klasse zurückgehen, und am Nachmittag war Konferenz. Der Rektor und der Religionslehrer wollten mich dimittieren (отчислить). Das hat mir der Pedell gesagt. Aber die andern halfen mir, und ich bekam acht Stunden Karzer. Das hätte mir gar nichts ausgemacht (мне это бы ничего не составило = было бы все равно), wenn nicht das andere gewesen wäre (если бы не было еще кое-чего, если бы не еще одно обстоятельство).

33  Ich kriegte einige Tage darauf (через несколько дней после этого) einen Brief von meiner Mama. Da lag ein Brief von Herrn von Rupp bei (было приложено), dass es ihm Leid täte (что он сожалеет), aber er könne mich nicht mehr einladen (приглашать), weil ihm der Rektor mitteilte (сообщил), dass ich einen dummen Liebesbrief (любовное письмо) an seine Tochter geschrieben habe. Er mache sich nichts daraus, aber ich hätte sie doch kompromittiert. Und meine Mama schrieb, sie wüsste nicht, was noch aus mir wird.

34  Ich war ganz außer mir (вне себя) über die Schufterei; zuerst weinte ich, und dann wollte ich den Rektor zur Rede stellen (потребовать объяснения, отчета /в его поступке/: «поставить к речи»); aber dann überlegte ich es (поразмыслил на этим) und ging zu Herrn von Rupp.

35  Das Mädchen sagte, es sei niemand zu Hause, aber das war nicht wahr, weil ich heraußen (с улицы, снаружи) die Stimme der Frau von Rupp gehört habe. Ich kam noch einmal, und da war Herr von Rupp da. Ich erzählte ihm alles ganz genau, aber wie ich fertig war, drückte er das linke Auge zu (прищурил левый глаз: zudrücken – закрыть) und sagte:»Du bist schon ein verdammter Holzfuchs. Es liegt mir ja gar nichts daran (для меня это вовсе не важно = меня это вовсе не беспокоит; mir liegt viel daran – для меня это очень важно), aber meiner Frau.» Und dann gab er mir eine Zigarre und sagte, ich solle nun ganz ruhig heimgehen.

36  Er hat mir kein Wort geglaubt (он не поверил ни одному моему слову) und hat mich nicht mehr eingeladen, weil man es nicht für möglich hält (потому что не считается возможным), dass ein Rektor lügt.

37  Man meint immer (всегда думают, полагают), der Schüler lügt.

38  Ich habe mir das Ehrenwort gegeben, dass ich ihn durchhaue (изобью), wenn ich auf die Universität komme, den kommunen Schuften (подлого негодяя; kommún = gemein).

39  Ich bin lange nicht mehr lustig gewesen. Und einmal bin ich dem Fräulein von Rupp begegnet (повстречался). Sie ist mit ein paar Freundinnen gegangen, und da haben sie sich mit den Ellenbogen angestoßen (толкали друг друга локтями: der Ellenbogen) und haben gelacht. Und sie haben sich noch umgedreht (еще раз обернулись; drehen – вертеть, вращать) und immer wieder gelacht.

40  Wenn ich auf die Universität komme und Korpsstudent bin (и буду членом студенческого союза: das Korps [ko:r] – туловище, корпус /лат./; студенческий союз), und wenn sie mit mir tanzen wollen, lasse ich die Schneegänse einfach sitzen (просто «оставлю сидеть» этих гусынь; die Schneegans – гусь, живущий на севере, в холодном климате /белый с черными перьями на крыльях/; здесь это слово употреблено просто для усиления слова die Gans – гусыня; дурочка).

41  Das ist mir ganz wurscht.

 

Meine erste Liebe

1      An den Sonntagen durfte ich immer zu Herrn von Rupp kommen und bei ihm Mittag essen. Er war ein alter Jagdfreund von meinem Papa und hatte schon viele Hirsche bei uns geschossen. Es war sehr schön bei ihm. Er behandelte mich beinahe wie einen Herrn, und wenn das Essen vorbei war, gab er mir immer eine Zigarre und sagte: «Du kannst es schon vertragen. Dein Vater hat auch geraucht wie eine Lokomotive.» Da war ich sehr stolz.

2      Die Frau von Rupp war eine furchtbar noble Dame, und wenn sie redete, machte sie einen spitzigen Mund, damit es Hochdeutsch wurde. Sie ermahnte mich immer, dass ich nicht Nägel beißen soll und eine gute Aussprache habe. Dann war noch eine Tochter da. Die war sehr schön und roch so gut. Sie gab nicht Acht auf mich, weil ich erst vierzehn Jahre alt war, und redete immer von Tanzen und Konzert und einem gottvollen Sänger. Dazwischen erzählte sie, was in der Kriegsschule passiert war. Das hatte sie von den Fähnrichen gehört, die immer zu Besuch kamen und mit den Säbeln über die Stiege rasselten.

3      Ich dachte oft, wenn ich nur auch schon ein Offizier wäre, weil ich ihr dann vielleicht gefallen hätte, aber so behandelte sie mich wie einen dummen Buben und lachte immer dreckig, wenn ich eine Zigarre von ihrem Papa rauchte.

4      Das ärgerte mich oft, und ich unterdrückte meine Liebe zu ihr und dachte, wenn ich größer bin und als Offizier nach einem Kriege heimkomme, würde sie vielleicht froh sein. Aber dann möchte ich nicht mehr. Sonst war es aber sehr nett bei Herrn von Rupp, und ich freute mich furchtbar auf jeden Sonntag und auf das Essen und auf die Zigarre.

5      Der Herr von Rupp kannte auch unsern Rektor und sprach öfter mit ihm, dass er mich gern in seiner Familie habe und dass ich schon noch ein ordentlicher Jägersmann werde, wie mein Vater. Der Rektor muss mich aber nicht gelobt haben, denn Herr von Rupp sagte öfter zu mir: «Weiß der Teufel, was du treibst. Du musst ein verdammter Holzfuchs sein, dass deine Professoren so auf dich loshacken. Mach es nur nicht zu arg.» Da ist auf einmal etwas passiert.

6      Das war so. Immer wenn ich um acht Uhr früh in die Klasse ging, kam die Tochter von unserem Hausmeister, weil sie in das Institut musste.

7      Sie war sehr hübsch und hatte zwei große Zöpfe mit roten Bändern daran und schon einen Busen. Mein Freund Raithel sagte auch immer, dass sie gute Potenzen habe und ein feiner Backfisch sei.

8      Zuerst traute ich mich nicht, sie zu grüßen; aber einmal traute ich mich doch, und sie wurde ganz rot. Ich merkte auch, dass sie auf mich wartete, wenn ich später daran war. Sie blieb vor dem Hause stehen und schaute in den Buchbinderladen hinein, bis ich kam. Dann lachte sie freundlich, und ich nahm mir vor, sie anzureden.

9      Ich brachte es aber nicht fertig vor lauter Herzklopfen; einmal bin ich ganz nahe an sie hingegangen, aber wie ich dort war, räusperte ich mich bloß und grüßte. Ich war ganz heiser geworden und konnte nicht reden.

10   Der Raithel lachte mich aus und sagte, es sei doch gar nichts dabei, mit einem Backfisch anzubinden. Er könnte jeden Tag drei ansprechen, wenn er möchte, aber sie seien ihm alle zu dumm.

11   Ich dachte viel darüber nach, und wenn ich von ihr weg war, meinte ich auch, es sei ganz leicht. Sie war doch bloß die Tochter von einem Hausmeister, und ich war schon in der fünften Lateinklasse. Aber wenn ich sie sah, war es ganz merkwürdig und ging nicht. Da kam ich auf eine gute Idee. Ich schrieb einen Brief an sie, dass ich sie liebe, aber dass ich fürchte, sie wäre beleidigt, wenn ich sie anspreche und es ihr gestehe. Und sie sollte ihr Sacktuch in der Hand tragen und an den Mund führen, wenn es ihr recht wäre.

12   Den Brief steckte ich in meinen Caesar, De bello gallico, und ich wollte ihn hergeben, wenn ich sie in der Frühe wiedersah.

Aber das war noch schwerer.

14   Am ersten Tag probierte ich es gar nicht; dann am nächsten Tag hatte ich den Brief schon in der Hand, aber wie sie kam, steckte ich ihn schnell in die Tasche.

15   Raithel sagte zu mir, ich solle ihn einfach hergeben und fragen, ob sie ihn verloren habe. Das nahm ich mir fest vor, aber am nächsten Tag war ihre Freundin dabei, und da ging es wieder nicht.

16   Ich war ganz unglücklich und steckte den Brief wieder in meinen Caesar.

Дата: 2018-11-18, просмотров: 206.